Modellbeschreibung iLK
Ein Haus, das einem kein Dach über dem Kopf bietet, ist kein Haus. Der Zweck der iLK ist es, Fachkräften dabei zu helfen, ihre Aufgabe gegenüber betroffenen Minderjährigen so wahrzunehmen, dass sie eine möglichst gesunde Entwicklung dieser sicherstellen und dazu manchmal notwendige Einmischung in deren Familien transparent und im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrages in Verhältnismäßigkeit und in Beteiligung der Minderjährigen und derer Familien und Bezugssysteme authentisch und respektvoll gestalten. Jedes Wirken in Familien kann nur durch Beziehung stattfinden – es geht darum, eine wertschätzende Arbeitsbeziehung anzubieten, die wiederum ehrliche Partizipation impliziert. Für erfolgreiche Veränderung braucht es konkrete Ressourcen und Unterstützung, die den Sozialraum mit einbezieht. Ein zentraler Wirkfaktor ist dabei Zusammenarbeit zwischen Helfersystemen. Die iLK bietet hierfür eine gemeinsame Sprache und den darauf basierende Methodenkoffer, dessen zentrales Werkzeug die Bedürnisanalyse nach der iLK darstellt.
Die gemeinsame Sprache muss in der gesetzlichen Basis wurzeln. Die iLK bietet, als grundlegende Grammatik, eine einfache und praxistaugliche Übersetzung der gesetzlichen Legitimation von Eingriffen in Familien. Diese dient als Grundgerüst anhand dessen das Einflechten von Fachwissen verschiedener Personen und Professionen möglich wird, ohne sich in Fragmentierung zu verlieren. Dazu stellt sie Arbeitshilfen zur Verfügung. Kinderschutz ist nicht nur Aufgabe der Kinder- und Jugendhilfe. Um Kinder und Jugendliche in schwierigen Situationen zu helfen, braucht es ein funktionierendes Unterstützungsnetz. Dieses besteht auch aus Fachkräften verschiedener Bereiche, deren Zusammenarbeit der wahrscheinlich bedeutendste Wirkfaktor für gelingende Hilfen ist (Macsenaere & Esser, 2012). Die iLK richtet sich vor allem an Fachkräfte und bietet ihnen ein für ihre Zusammenarbeit nötiges gemeinsames Grundverständnis, eine "gemeinsame Sprache".
Das Fundament der Gesamtkonzeption ist die Österreichische Gesetzeslage in Kombination mit der Kinderrechtskonvention und den Menschenrechten. Im Speziellen bietet der § 138 ABGB ein gemeinsames Grundverständnis vom abstrakten Begriff Kindeswohl und soll die Basis für alle Beteiligten und Professionen bieten. Die Familie ist eine durch viele Rechte und Bestimmungen abgesicherte Einheit, in deren Autonomie nur unter bestimmten Voraussetzungen vom Staat, durch Behörden und Gerichte, eingegriffen werden darf.
Dieses Fundament trägt die drei Säulen des Gesamtkonzeptes, welche gleichermaßen die drei Zielgruppen darstellen.
Primär sprechen wir die Mitarbeiter*innen der Kinder- und Jugendhilfe an den Bezirksverwaltungsbehörden und die Oberbehörden, sowie den psychologischen Dienst der Kinder- und Jugendhilfe an. Die Arbeit an den Bezirksverwaltungsbehörden variiert in Österreich trotz der (momentan noch) einheitlichen Grundsatzgesetzgebung. Unterschiedliche Schwerpunkte wie Case Management, Sozialraumorientierung, das Konzept nach Maria Lüttringhaus sind verbreitet, die Arbeitsweisen und Ansichten nach den Signs of Saftey finden eine hohe Akzeptanz. Vereinzelt finden sich Konzepte mit Risikoanalysen, aber auch der Familienrat hat sich stark etabliert.
In den meisten Bundesländern und Städten gibt es verbreitete Standards zur Gefährdungsabklärung, für die Hilfeplanung und allgemeine Abläufe. Alle eint das Streben nach dem besten Vorgehen für die betroffenen Kinder und Familien. Die Leitlinie Kindeswohl soll ergänzend zu den bestehenden Konzepten ein komplementäres Angebot darstellen. Mit der klaren Struktur und den Vorstellungen zur Arbeit stellt die iLK ein umfassendes Angebot dar, das sich sehr gut in bestehende Abläufe integrieren lässt. Es unterstützt die Stärken der einzelnen Konzepte und ergänzt – wo notwendig – die österreichische Gesetzeslage und verwendet die gängigen Begrifflichkeiten.
Mit der zweiten Säule will die iLK den unmittelbaren Partnern – den ambulanten Betreuer*innen, den Mitarbeiter*innen im stationären Bereich und in den einschlägigen Krisen- und Beratungseinrichtungen ein umfassendes, aber äußert praxisnahes Handwerkszeug anbieten. Die zwei zentralen Angebote der Bedürfnisanalyse sind die transparente Auftragsklärung und die laufende Reflexion des Handlungsfokus. Für die Betreuer*innen vor Ort in den Familien oder im stationären Bereich braucht es zunächst klare Aufträge von Seiten der Behörde und vor allem auch seitens der Familie. Daher ist es die erste Aufgabe, ein gemeinsames Grundverständnis der Problemlage herzustellen, auf der eine tragfähige Arbeitsbeziehung basieren kann.
Die gemeinsame Sprache hin zur Behördenseite erleichtert einerseits die Kommunikation und sorgt für Klarheit und Sicherheit auf beiden Seiten.
Als dritte Zielgruppe will die interdisziplinäre Leitlinie alle Professionen ansprechen, die nach dem B-KJHG bei einer Kindeswohlgefährdung meldepflichtig sind. Sie sind es, die mit den Säuglingen, Kleinkindern, Kindern und Jugendlichen im täglichen Kontakt stehen und oft die ersten außerfamiliären Personen sind, die auf Problemlagen aufmerksam werden. Sie sind es, die es zu stützen und anzuleiten gilt, bei der schwierigen Aufgabe Kindeswohlgefährdungen zu erkennen, richtig einzuordnen und gegebenenfalls Hilfe anzubieten oder einzuholen. In diesem Bereich setzt sich die iLK zum Ziel, diesen Menschen ein geeignetes Werkzeug und eine Handlungsanleitung durch eine für diesen Bereich angepasste Form der Bedürfnisanalyse zu geben.
Im Schaubild stehen alle drei Säulen auf der gesetzlichen Basis, die einerseits dem gemeinsamen Auftrag und andererseits der gegenseitigen Rollenklärung zugrunde liegt. Effektives Zusammenwirken der drei Säulen wird gestützt durch eine miteinander geteilte Haltung zu wertschätzenden Arbeitsbeziehungen, ehrlicher Partizipation, konkreter und greifbarer Ressourcenorientierung - und kann so zu gelebter Sozialraumorientierung werden.
Auf das Fundament, die tragenden Säulen und Werte wird schließlich das Dach mit den differenzierten Bedürfnissen der betroffenen Kinder und Jugendlichen gelegt. Das Instrument der Bedürfnisanalyse stellt dabei das zentrale Element der iLK dar und verbindet die betroffenen Kinder, Jugendlichen und Familien mit den Professionen und letztlich auch die Professionen untereinander.