iLK Falldarstellung

iLK Falldarstellung

In der Arbeit der Kinder- und Jugendhilfe geht es um soziale Systeme. Im Gespräch mit den Klient*innen, im Austausch mit anderen Fachkräften und auch beim Überlegen alleine geht es darum, komplexe Situationen und Beziehungszusammenhänge zu verstehen, die sich nur mit großen inhaltlichen Verlusten in ein lineares Narrativ gießen lassen. Wer kennt die Herausforderung nicht, die Situation einer Familie in zehn Minuten für eine Teambesprechung zusammenzufassen. Solchen Erzählungen ist oft nur schwer zu folgen, und schon bald kann man die Handlungen und Beschreibungen nicht mehr den Protagonisten zuordnen.

Glücklicherweise sind wir nicht auf die verbal-inhaltliche Ebene beschränkt um uns zu verständigen – auch wenn wir uns dieser anderen Kommunikationskanäle weniger oft bedienen, als wir sollten. Der Mensch ist ein primär visuelles Wesen. Der Großteil der Information über unsere Umwelt vermitteln uns die Augen. An Bilder erinnern wir uns besser als an Wörter (Grady, McIntosh, Rajah & Craik, 1998). Es empfiehlt sich also, zu Erklärungen noch eine bildliche Information zu liefern.

Insbesondere bei der Darstellung von komplexen Sachverhalten haben sich Diagramme und andere Illustrationen und Visualisierungen bewährt. In der Kinder- und Jugendhilfe werden oft Genogramme verwendet, um Familiensysteme darzustellen. Auch Netzwerkkarten (Pantucek-Eisenbacher, 2019) leisten gute Dienste.

Diese lassen sich auch gut mit der iLK kombinieren. Als spezifischen Arbeitsbehelf dieser Art bietet die iLK für alle Beteiligten die simpel gehaltene Systemdarstellung. Die iLK Systemdarstellung ist ein sehr einfaches Instrument mit einem hohen Wirkungsgrad. Das soziale System wird hier mit Hilfe von Gegenständen oder Figuren dargestellt – ähnlich dem Familienbrett nach Ludewig (2000) – jedoch verzichtet die iLK auf viele Aspekte, die in der psychologischen Diagnostik und Behandlung Anwendung finden.

In ihrer Grundform geht es in der iLK Systemdarstellung um eine Illustration, die die Erklärungen und Erzählungen über ein soziales System unterstützt. Personen (und ggf. auch Institutionen oder Themen) werden durch einfache Figuren dargestellt und liefern visuelle und haptischen Input, der es dem menschlichen Gehirn erleichtert die vielen Information, die zur Arbeit mit komplexen Systemen notwendig ist, zu verarbeiten. Die Figuren tragen einfache Charakteristika (weiblich, männlich, kindlich, kleinkindlich; verschiedene Farben). So lassen sich Systeme schnell darstellen (z.B. Mutter, Kind, Lebensgefährte, Großeltern, ambulante Betreuerin, etc. in passend großen Figuren in verschiedenen Farben). In einigen Situationen mag es auch sinnvoller sein neutralere Figuren zu verwenden. Gute Dienste bei Hausbesuchen (wenn man die Figuren vergessen hat) leisten auch Teetassen und Gläser, Spielfiguren aus Bausteinsets eignen sich genauso wie Figuren aus Gesellschaftsspielen, es können aber auch verschiedene Korken verwendet werden oder im Grunde alles was sich aufstellen lässt – die iLK will zum multimodalen Kommunizieren anregen!

Mithilfe der Figuren lassen sich auch gut Rollen, Machtverhältnisse, Beziehungen und die emotionale Dimension darstellen. Außerdem können schnell Veränderungen durchgespielt werden. Optional kann auch die iLK Unterlage für die Systemdarstellung verwendet werden -  ein einfaches Haus (haushaltszugehörige Personen) umschlossen von einem Kreis, welcher das Umfeld symbolisieren soll. Patchwork- und Trennungsstrukturen lassen sich durch die Verwendung von mehreren Blättern einfach darstellen.

Mithilfe der iLK Systemdarstellung lassen sich Darstellungen von sozialen Systemen in Teambesprechungen und Intervisionen sozusagen 'live' erstellen, während berichtet wird. Ein Foto oder die Markierung der Position der Figuren am Blatt (ähnlich einer Netzwerkkarte) hält die Darstellung für die Fallaufzeichnungen fest – so kann bei der nächsten Besprechung blitzartig eine reiche Darstellung des Systems liefern und wichtige Assoziationen in Erinnerung rufen. Bei späteren Gesprächen gelingt so ein sehr rascher Einstieg in den Fall, ebenso werden Veränderungen rasch und gut sichtbar.

Neben der Verwendung in der Teambesprechung / Intervision / 4-Augen Prinzip findet die iLK Systemdarstellung wertvolle Anwendung in Gesprächen mit Systempartnern und Klient*innen. Insbesondere Kindern und Jugendlichen tun sich deutlich leichter ihre Sichtweise mit mehr als nur Worten zu erklären (siehe auch die folgenden Explorationshilfen) – aber auch Erwachsene. Familienverhältnisse können so besser erfragt und besprochen werden, aber auch notwendige Veränderungen durchbesprochen. Vor allem bei Kindern kann auch eine gute Portion Spiel dabei sein.

Die Verwendung von Systembrettern ist in der Therapie und der Systemischen Arbeit nicht mehr wegzudenken. In der täglichen Sozialarbeit der Kinder- und Jungendhilfe findet sie bisher hingegen keine weite Verbreitung. Es mag der Eindruck entstehen, dass die Verwendung zeitaufwendig und umständlich ist, und umfassendes Fach- und Vorwissen erfordert. Die Praxis zeigt aber auf, dass gerade das Gegenteil der Fall ist. Handelnde Personen, deren Beziehungen, und Ereignisse lassen sich sehr schnell und relativ einfach darstellen, auch wenn der Sachverhalt oft komplex ist. Es braucht lediglich das Grundblatt auf Papier, einen Kugelschreiber und idealerweise Figuren, die sich zur Unterscheidung von Personen eignen und etwas kreativen Mut zur Darstellung und Dokumentation.